COVID-Leugnung und AIDS-Denialismus
Neue Krankheit – alte Phrasen
Während der aktuellen COVID 19- Pandemie, über die noch zu wenig bekannt ist, steht das öffentliche Gesundheitswesen vor einer Krise auf mehreren Ebenen. Eine hiervon ist der Umgang mit Informationen zu COVID-19. COVID-Leugnung ist seltsam und beängstigend. Aber sie ist weder originell noch neu.
Zu den lautstarken Leugner-Bewegungen der letzten Jahre gehört der sog. AIDS-Denialismus, basierend auf den radikalen Ansichten des Biologen Peter Duesberg von der University of California (Duesberg, 1992, 1994; Duesberg & Bialy, 1995; Duesberg & Rasnick, 1998). Duesberg behauptete, dass HIV harmlos sei und dass AIDS tatsächlich durch illegalen Drogenmissbrauch, Armut und antiretrovirale Medikamente verursacht werde (Duesberg, Nicholson, Rasnick, Fiala & Bauer, 2009).
Laut den AIDS-Leugnern könne HIV keine Krankheit verursachen, ganz sicher nicht AIDS. Einige von ihnen behaupten, dass es keinen Beweis dafür gäbe, dass HIV überhaupt existiere. HIV-Antikörpertests werden als ungültig bezeichnet, weil Menschen, die positiv getestet werden, kein AIDS entwickeln würden und es Menschen gäbe, die AIDS entwickeln, obwohl sie nie HIV-positiv getestet worden seien (Kalichman, 2009). Der AIDS-Denialismus lehnt HIV-Medikamente als giftige Substanzen ab. AIDS-Leugnung überschneidet sich mit AIDS-Verschwörungstheorien und kann die HIV-Prävention und Behandlung verhindern (Bogart & Thorburn, 2005; Bogart & Thorburn, 2006; Thorburn & Bogart, 2005).
Ein Beispiel für die negativen Auswirkungen des AIDS-Leugnens findet sich in Südafrika, wo der ehemalige Präsident Thabo Mbeki den AIDS-Leugnern und echten Wissenschaftlern die gleiche Glaubwürdigkeit einräumte. Das Ergebnis war verheerend: über 330.000 Südafrikaner starben an AIDS und über 35.000 Babys wurden mit HIV infiziert, weil Medikamente, die eine HIV-Übertragung von der Mutter auf das Kind verhindern können, nicht im Rahmen ihrer Verfügbarkeit angewendet wurden (Chigrass, 2007). Andere afrikanische Länder sind Südafrika gefolgt, indem sie Teile des AIDS-Denialismus übernommen haben, wie z. B. Gambia, wo der damalige Präsident Jammeh behauptete, AIDS mit einem Zaubertrank zu heilen, der von seinen Vorfahren offenbart wurde (Associated-press, 2007).
Es ist nicht schwer zu verstehen, warum viele sich mit dieser Vorstellung trösteten: sie mussten sich keine Sorgen um Safer Sex machen und keine teuren Medikamente einnehmen, die damals oft nach einem starren Zeitplan eingenommen werden mussten und manchmal wirklich unangenehme Nebenwirkungen verursachten.
Zurück zu COVID 19. Was man von der COVID-Leugnung sieht und liest, kommt einem nur allzu bekannt vor: die Ablehnung von Fakten, die giftige Denunziation von jedem, der sachlich und wissenschaftlich fundiert argumentiert, dessen Aussagen als entweder gekauft oder Teil der bösen Verschwörung verdammt werden: derselbe Kult, dieselbe Rhetorik, eine andere Krankheit.
Aber COVID 19-Leugner haben Waffen, die die AIDS-Leugner in den 1980er Jahren nicht hatten. Die COVID-Leugner verbreiten ihren Unsinn in sozialen Medien wie Facebook etc. sofort an Hunderte Millionen Leser. Sie verbreite sich auch über rechtsgerichtete „Nachrichten“-Kanäle, die ihre Argumente wiederholen.
Und zuletzt noch eine traurige Verbindung zwischen COVID19 und HIV. Der berühmte Virologe Luc Montagnier behauptete im April 2020 in einem Interview, das neuartige Coronavirus enthalte teils identische Sequenzen wie HIV. Er schlussfolgerte daraus, dass SARS-CoV-2 nur in einem Labor hergestellt worden sein könne.
Luc Montagnier erhielt 2008 den Nobelpreis für Medizin für die Entdeckung des HI-Virus. Der inzwischen 89-jährige Virologe steht laut Medienberichten aufgrund von Behauptungen zur Wirksamkeit von Homöopathie oder zur Heilung von HIV und AIDS immer wieder in der Kritik.
Besonders deutlich reagierte hierauf der Virologe Christian Drosten im NDR-Podcast „Coronavirus-Update“: „Es ist schwierig für einen aktiven Wissenschaftler in der Virologie zu sagen, dass ein Nobelpreisträger im Fach Virologie Unsinn verbreitet. Aber das ist kompletter Unsinn. “
- Mirken B .COVID denial is a grim rerun of AIDS denialism. Two decades ago, a cult-like crowd believed that HIV was harmless and AIDS was a plot. Many of them ended up dead. 2020
https://48hills.org/2020/11/covid-denial-is-a-grim-rerun-of-aids-denialism/ - Kalischman SC, “There is no Proof that HIV Causes AIDS”: AIDS Denialism Beliefs among People Living with HIV/AIDSJ Behav Med. 2010 December ; 33(6): 432–440.
- Nattrass N. AIDS and the scientifc governance of medicine in post-apartheid South Africa. Afr Af. 2008;107(427):157–76. 24.
- Zeitz P. Lessons from South Africa’s experience of HIV/AIDS. Lancet. 2007;370(9581):19–20. 25.
- Kalichman SC, Eaton L, Cherry C. “There is no proof that HIV causes AIDS”: AIDS denialism beliefs among people living with HIV/AIDS. J Behav Med. 2010;33(6):432–40. 26.
- Kalichman SC. Denying AIDS: conspiracy theories, pseudoscience, and human tragedy. Berlin: Springer; 2009.
- https://correctiv.org/faktencheck/2020/05/20/nein-in-sars-cov-2-wurden-nicht-im-labor-sequenzen-von-hiv-eingefuegt/